Wenn Du anfängst, Gitarre zu spielen …
Und ein Kumpel Dir Tabs zeigt, diese unglaublichen „Cheat Codes“, die man auch Tabulatur nennt …
Und Du merkst, wie schnell und einfach Du etwas spielen kannst, dass fast irgendwie wie ein echter Song klingt …
Denkst Du, Du hättest die Lösung für all Deine Probleme gefunden.
Und für eine recht lange Zeit … stimmt das.
- Du lernst eine Menge neuer Songs, die Du anders nie hinbekommen hättest.
- Du kannst sie fast von Anfang bis Ende spielen.
- Und alle Deine Freunde halten Dich fĂĽr super cool.
Und wenn Du gefragt wirst, ob Du Gitarre spielst …
Traust Du Dich FAST … einfach JA zu sagen, und es dabei zu belassen.
Aber …
Tief in Dir drin, nagt dieses irritierende Gefühl an Dir … das Dich immer wieder daran erinnert:
Du weißt immer noch nicht WIRKLICH was Du da machst … NOCH NICHT.
Klar, Du kannst vielleicht sogar eine halbwegs anständige Version eines Jimi Hendrix Solos spielen …
Aber ohne Tabs … wärst Du nicht einmal in der Lage, einen einfaches Lied wie „Happy Birthday“ zu lernen.
Ziemlich peinlich, oder?
Und trotzdem spielst Du jeden Tag wieder mit diesen Tabs, weil Du Dir nicht sicher bist, was Du sonst tun sollst.
Und darum ist mein Ziel im heutige Artikel, Dir in 3 Punkten zu helfen:
- WANN Du Tabs verwenden solltest und wann nicht.
- WARUM Du irgendwann aufhören musst, Tabs zu verwenden, um als Musiker besser zu werden
- WIE Du anfängst, falls und wenn Du soweit bist.
Als erstes …
Wann SOLLTEST Du Tabs verwenden
Versteh mich nicht falsch … Gitarren-Tabs HABEN Sinn und Zweck. Sehr viel sogar.
Wenn Du mit dem Gitarrenspiel anfängst, und Du monatelang nichts außer Akkorden und Tonleitern übst … ist das mega langweilig! Stimmt’s?
Und das ist vielleicht DER Hauptgrund, warum Leute aufhören, Gitarre zu spielen.
Aber … mit einer einfachen Internetsuche ist es so einfache, haufenweise Tabs für Songs zu finden, die Du kennst und liebst … die die gleichen Akkorde und Noten verwenden, die Du sowieso spielst. Und damit macht es 1000 Mal mehr Spaß zu üben.
Und das ist nicht verkehrt. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt …
Aber wenn Du an dem Punkt bist, an dem Du eine Menge Songs GUT von ANFANG BIS ENDE spielen kannst …
Ist es Zeit, die Tabs wegzuwerfen und zuzuhören … mit Deinen eigenen Ohren, und mehr über die Lieder zu lernen … indem Du Dein eigenes Gehirn benutzt.
Und wenn Du hoffst, diese Fertigkeit auf magische Art und Weise zu erhalten, indem Du genau das machst, was Du immer schon gemacht hast …
Habe ich schlechte Neuigkeiten für Dich …
Der Mythos, Tabs zu entwachsen
Viele Anfänger glauben … dass, wenn sie einfach immer weiter spielen und mehr Songs lernen, schneller und besser werden …
All diese Fertigkeiten sich irgendwann vereinen und sie auf magische Weise plötzlich ohne Hilfe neue Songs lernen können.
Aber wie wir alle irgendwann feststellen müssen … ist das NICHT wahr.
Es mag sein, dass es extrem selten für einige ungewöhnlich talentierte Gitarristen gilt …
Aber nicht fĂĽr die allermeisten von uns.
Willst Du Beweise …???
Manche verwenden auch nach vielen Jahrzehnten noch Tabs!
Ich fand es immer erstaunlich, wie einige Gitarristen … die nach außen hin hochqualifiziert wirken …
Und die seit ein oder zwei Jahrzehnten oder noch länger spielen … immer noch komplett auf Gitarren-Tabs angewiesen sind, wenn es darum geht, neue Songs zu lernen.
Meine ehrliche Entschuldigung an alle, die in diese Kategorie fallen. Ich will natĂĽrlich niemanden angreifen.
Aber beantworte diese Frage ehrlich …
Als Du als Teenager angefangen hast, Gitarre zu spielen, hast Du wirklich gedacht, dass Du nach all den Jahren immer noch Tabs brauchen wĂĽrdest?
Natürlich nicht. Stimmt’s?
Und dennoch ist es so. Aber woran liegt das?
Hier sind meine Gedanken dazu …
Gitarren-Tabs sind wie Drogen
Für Musiker und den Rest der Welt …
Sind Drogen verlockend, zumindest am Anfang, weil sie SOFORTIGE WIRKUNG ohne Anstrengung bieten.
Sie geben und geben und geben und lange Zeit machen sie Dich glauben, es gäbe keine Nachteile.
Dann wachst Du eines Tages auf und merkst, dass sie Dir VIEL MEHR genommen, als sie Dir je gegeben haben.
Und Gitarren-Tabs funktionieren mehr oder weniger genau so …
AuĂźer, dass es die meisten NIEMALS bemerkten, weil die Probleme, die sie verursachen bei weitem nicht so offensichtlich sind.
Darum erkläre ich als nächstes …
Warum Tabs Dich aufhalten
Es ist komisch … erst NACHDEM Du Dich von Deiner Abhängigkeit befreit hast …
Kannst Du klar erkennen, wie Dich Gitarren-Tabs die ganze Zeit behindert haben.
Konkret wirst Du sofortige und gewaltige Fortschritte in diesen 3 Fähigkeiten bemerken:
- Wahrnehmen von Tonhöhen
- Gedächtnis
- Improvisation/Arrangement
Schauen wir uns jede einzelne genauer an … Als erstes …
1. Besseres Erkennen der Tonhöhe
Die wahrscheinlich WICHTIGSTE FERTIGKEIT, wenn es um Musik geht …
Ist es die Tonhöhe wahrzunehmen, die Du nie wirklich entwickelst, wenn Du Dich zu sehr auf Gitarrentabs verlässt.
Und wenn Du darĂĽber nach denkst, ist es ziemlich offensichtlich.
Das menschliche Gehirn hat eine erstaunliche Fähigkeit, neue Informationen aufzunehmen … auch weil es genau so gut darin ist, Informationen, die es für irrelevant oder unnötig hält, zu ignorieren.
Wenn es also weiß, dass Du neue Songs lernen kannst, indem Du einfach Tabs liest … warum sollte es sich mehr anstrengen als nötig? Stimmt’s?
Aber …
Wenn Du stundenlang da sitzt und versuchst, ein einzelnes Riff, einen einzelnen Akkord oder auch nur eine einzelne Ton zu erkennen …
Wacht Dein Gehirn irgendwann auf und merkt, dass es Zeit ist, aufzupassen.
Und das gleiche Prinzip gilt für die beiden nächsten Fertigkeiten, die wir uns anschauen.
2. Besseres Gedächtnis
Vielleicht hast Du ein gutes oder sogar großartiges Gedächtnis für die meisten Situationen im Leben …
Aber wenn Du beim Üben DIE GANZE ZEIT auf ein Notenblatt schaust, wette ich, dass Du, wenn Dir jemand das Blatt mitten im Spiel wegnimmt …
Keine 10 Sekunden weiterspielen kannst, weil Du keine Ahnung hast, wie es weiter geht.
Und wenn Du mir nicht glaubst, probier es aus.
Aber wenn Du damit anfängst, Songs auswendig zu lernen, wirst Du überrascht sein, wie schnell sich Dein Gehirn anpasst.
Bevor Du es merkst …
Werden all die Songs, die Du bisher nur abspielen konntest, permanent in Deinem Gedächtnis eingebrannt sein.
3. Bessere Improvisation/Arrangements
Ein inhärentes Problem mit jeder Form einer Notenschrift ist …
Dass sie einfach nicht alle Unterschiede berĂĽcksichtigen kann, wenn es darum geht:
- wie ein Stück gemäß der Aufnahme klingen sollte und …
- wie es tatsächlich klingen kann, gemäß der Möglichkeiten, die Du im wahren Leben hast.
Zum Beispiel:
Wenn Du auf der Aufnahmen einen Mix aus anhaltenden E-Gitarre-Akkorden und Schlagzeug hörst … aber nur eine Akustikgitarre hast …
Und Du dem „offiziellen“ Songbook, das Du gekauft hast … Strum für Strum folgst … was glaubst Du wie das klingt? Furchtbar, oder?
Und das gilt nicht nur für Schlagmuster. Je nachdem, wie groß die Unterschiede zwischen den original Arrangements des Songs und Deiner Interpretation sind …
Kann es sein, dass Du manche Dinge anders machen musst, zum Beispiel:
- andere Effekte verwenden
- das Tempo ändern
- Rhythmus- und Lead-Parts kombinieren
- manche Teile des Songs komplett weglassen
… was Du nicht kannst, wenn Du immer nur blind das nachspielst, was jemand anderes aufgeschrieben hat.
Aber wenn Du erst einmal auf Tabs verzichtest … wirst Du viel schneller ein Gespür für solche Dinge entwickeln, weil Du Dich nur auf Dein eigenes Gehör und Gehirn verlassen kannst.
Wenn das alles für Dich Sinn ergibt, aber Du das Konzept trotzdem noch überwältigend findest …
Denk daran:
Wenn irgendjemand eine Tabulatur schreiben kann … kannst DU das auch.
Hast Du schon mal darüber nachgedacht …
Woher diese ganzen Tabs eigentlich kommen?
Sie erscheinen nicht einfach. Offensichtlich hat sie jemand geschrieben.
Das heißt es gibt Menschen, die sich hinsetzen, einen Song anhören, versuchen, das was sie hören zu reproduzieren …
… und schließlich das Ergebnis aufschreiben, um es mit uns allen zu teilen.
Die Frage ist jetzt …
Was ist so besonders an diesen Menschen, das Dir fehlt?
Die Antwort ist natĂĽrlich: NICHTS. Tab-Schreiber sind bei weitem keine Musik-Genies. Die meisten sind nicht einmal sehr gut.
Denn jeder, der schon länger Tabs benutzt kann Dir bestätigen …
- Viele Tabs sind schlecht geschrieben …
- Und manche sind einfach falsch
Und wenn DU, als Leser, das schon erkennen kannst, warum vertraust Du dann nicht darauf, dass Du, mit ein bisschen Zeit und Arbeit …
Viel besser darin werden kannst, diese Songs komplett selbständig zu lernen?
Das ist nur realistisch, oder nicht? In dem Fall …
So legst Du los
Du bist also an dem Punkt in Deiner Gitarren-Karriere, an dem Du bereit bist, die Tabs aufzugeben und nach Gehör zu spielen.
Du weißt, es ist höchste Zeit. Und Du bist bereit. Aber Du bist Dir nicht sicher, was der nächste Schritt ist.
Hier ist mein Vorschlag: Such Dir einen Song aus, egal welchen … idealerweise einen einfachen.
Dann setz Dich hin und hör ihn Dir so lange an, bis Du die Akkorde heraushörst.
Wenn Du die Akkorde nicht erkennst, versuch es mit der einfachsten Melodie, die Du identifizieren kannst. Vielleicht die Gesangsstimme.
Und wenn das nicht klapp, erkenne nur EINE NOTE.
Und lass Dich nicht davon entmutigen, wenn Du auch nach mehreren Stunden noch nicht sicher bist, ob die Note richtig ist.
Arbeite weiter daran, und schlieĂźlich wird aus der einen Note eine zweite, dann eine dritte, dann eine vierte, und schlieĂźlich ein ganzes Lied.
Es ist bei weitem kein einfacher Prozess … aber zumindest theoretisch … ist er so einfach.
Und wenn Du je in Versuchung gerätst, wieder Tabs zu verwenden, ruf Dir dieses eine Mantra ins Gedächtnis:
Wenn Du einen Song nicht nach Gehör spielen kannst … hast Du es Dir noch nicht verdient ihn zu spielen.